Der Tour-Return: Vorsicht vor den Underdogs David Goffin, Nick Kyrgios und Lucas Pouille

Für so manchen Topstar hat die neue Saison genauso deprimierend begonnen, wie die alte endete: Andy Murray lag im Januar wegen seiner Hüfte unterm Messer, Kei Nishikori hat Handgelenk, Stan Wawrinka erholt sich von einer schweren Knieverletzung, Novak Djokovic laboriert immer noch an Ellbogenproblemen und Rafael Nadal wurde zuletzt mal wieder von seinem Knie ausgebremst.

Kurz gesagt: Es könnte besser aussehen für die Männerelite vor dem Start der Australian Open.

Das ist aber nicht nur für den große Titelfavoriten Roger Federer eine gute Nachricht, denn auch die Außenseiter wittern Down Under ihre große Chance. Wir werfen einen Blick auf fünf "Dark Horses" in Melbourne:

Für den Ex-Champion von 2002, Thomas Johansson, war die Sache nach der Auslosung klar: "David hat bei den Tour-Finals und zum Saisonstart sehr stark gespielt. Er kann im Viertelfinale auf Federer treffen - ich bin sicher, wer dieses Match gewinnt, gewinnt auch den Titel."

Großes Lob für den kleinen Belgier, der sich bei den French Open so bitter beim Rutschen auf eine Plane verletzt hatte. Doch der 27-Jährige ist zum Saisonende immer besser in Tritt gekommen, scheiterte erst im Finale von London an Dimitrov.

Auch Rafael Nadal sagt: "David ist einer der besten Spieler, er hat alles. Und er kann überall um den Titel mitkämpfen - warum also nicht auch hier?" Im vergangenen Jahr kam Goffin in Melbourne ins Viertelfinale. Es wird sich zeigen, ob Johansson mit seiner Prognose Recht behält.

Irgendwie wartet man bei Australiens Bad Boy momentan auf den großen Knall. Der 22-Jährige ist so sonderbar ruhig in die Saison gestartet. Keine Ausbrüche, keine Obszönitäten, keine malträtierten Schläger. Stattdessen: der Finaleinzug in Brisbane. Dimitrov schlug er im Halbfinale. Er kämpfte sich drei Runden nach Satzrückständen zurück. Und auch bei der Pressekonferenz vor Beginn der Australian Open nur leise Töne vom Lautsprecher. Geradezu demütig und brav antwortete Kyrgios. "Ich rede nicht vom Viertelfinale oder Halbfinale. Jeder startet hungrig in die Saison. Ich will einfach nur meinen Job machen."

Daran war Kyrgios bisher meist gescheitert. Dass er das Talent hat, es weit bei den größten Turnieren zu bringen, ist kein Geheimnis. Aber entweder kam ihm sein anfälliger Körper oder noch öfter sein hitziges Gemüt in die Quere. Wie cool Kyrgios dieses Mal beim Heimspiel bleibt, wird wohl darüber entscheiden, ob er es wie 2015 ins Viertelfinale schafft - oder noch weiter.

Erstmals für Furore sorgte der 23 Jahre alte Franzose durch seine furiosen Spurts in die Viertelfinals von Wimbledon und der US Open 2016. Bis auf Rang 13 war Pouille vorgeprescht, 2017 gewann er drei Turniere. Und nun hat er in Melbourne noch eine Art "Geheimwaffe" für sein Trainerteam engagiert: Tommy Haas.

Bei Pouilles Exhibition-Match in Kooyong saß Haas bereits mit in der Box - und soll den Franzosen während der Australian Open unterstützen. Haas ist als Turnierdirektor von Indian Wells offenbar nicht völlig ausgelastet und wagt sich nach seinem unbeobachteten Karriereende aufs Trainer/Mentor-Terrain. Wie das Arrangement genau aussieht, war noch nicht zu erfahren. Doch das gemeinsame Hauptziel wird heißen: Pouilles Erstrundenfluch in Melbourne zu beenden. Dann kann es weit gehen.