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FC Bayern - Uli Hoeneß mit Rundumschlag gegen Oliver Kahn und die Grünen: Die Rückkehr der Attacke-Abteilung

Dennis Melzer

Update 14/10/2023 um 10:33 GMT+2 Uhr

Gänzlich ablassen konnte Uli Hoeneß von seinem Baby namens FC Bayern München nie. Nach seinem Abdanken als Präsident leitete der Patriarch die Geschicke lange Zeit im Verborgenen. Seit einigen Monaten drängt der Bayern-Macher aber wieder vermehrt in die Öffentlichkeit, reaktivierte zuletzt die berüchtigte Abteilung Attacke. Dabei sorgen so einige Aussagen für Stirnrunzeln.

Uli Hoeneß - FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

Steinkrug, Holztisch, Wirtshausatmosphäre, Kameras. Ein Hoeneß-Habitat.
Der Bayrische Rundfunk hatte am Tag der Landtagswahl zum "Sonntagsstammtisch" geladen. "Bayrisch, bissig, bunt" geht es eigenen Angaben zufolge bei Bier und Brezn im Brunnenwirt zu. Für den bissigen Teil hatte der Sender Uli Hoeneß, den Macher des FC Bayern und Polarisierer vom Dienst, geladen.
Zu bunt wurde es dem Ehrenpräsident des deutschen Rekordmeisters dann, als die rechtsextreme AfD thematisiert wurde. "Die AfD ist für mich nicht existent, weil sie in diesem Land überhaupt nichts beiträgt", sagte er. Solange die AfD wählbar sei, könne jeder sein Kreuz bei ihr machen, aber er, so Hoeneß, werde die Partie "nie akzeptieren" - so lange er lebe. Klare Kante.
Doch dabei sollte es nicht bleiben, Hoeneß ist vom alten Schlag. Ein Konservativer. Ein Bewahrer des Einstigen. Dementsprechend waren die Hauptschuldigen im Erstarken der AfD auch schnell gefunden. Die Grünen mussten - ganz in CSU-Tradition - mal wieder herhalten. Der 71-Jährige gab sich - wie viele Konservative dieser Tage - als Atomkraftwerk-Aficionado zu erkennen, schimpfte über die Abschaltung der verbliebenen Meiler.

Hoeneß mit Rundumschlag gegen die Grünen

Valide Gegenargumente der anderen Gäste überging er während seines Rundumschlags gegen die Grünen, der in der Bedienung eines gleichermaßen gängigen wie fragwürdigen Ressentiments gipfelte: Die Verbotsobsession der Grünen treibt den Rechten die Wähler zu. "Wenn der Herr Özdemir (Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, d. Red.) mir vorschreiben will, dass ich keinen Zucker mehr in den Kaffee tun soll ..." Stammtisch-Geschwätz eben. Dass es eine derartige Forderung nie gab, geschenkt. Verfangen dürften Hoeneß' Aussagen beim Publikum dennoch.
"Der Herr Özdemir" wehrte sich prompt gegen die Faktenverdrehung, bezichtigte Hoeneß gar der Lüge. "Das sind Fake News. Trinken Sie Ihren Kaffee schwarz, mit Milch, Zucker, Süßstoff oder auch mit Schinkenwürfeln, wenn Sie das wollen", schrieb Özdemir. Der bekennende VfB-Stuttgart-Fan schob mit einem Augenzwinkern nach: "Oder ärgern Sie sich vielleicht nur, weil der VfB in der Tabelle vor dem FCB steht?"
Eine kleine Spitze mit Blick aufs aktuelle Bundesliga-Tableau, eine Abkehr vom Politischen zum Sportlichen. Sportlich wurde es schließlich auch am "BR-Stammtisch". Tatsächlich äußerte sich Hoeneß im Rahmen der Sendung auch zu seinem Baby, dem FC Bayern - und lieferte Schlagzeile um Schlagzeile. Dass Trainer Julian Nagelsmann im März von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic geschasst wurde, bezeichnete Hoeneß als "nicht unbedingt klug".

Hoeneß: Kahn? "Ein großer Fehler"

Hoeneß ließ keinerlei Zweifel daran, dass es sich bei der Entscheidung um einen Alleingang der beiden mittlerweile Ex-Verantwortlichen gehandelt hatte. Insbesondere Kahn bekam sein metaphorisches Fett weg. "Die Berufung von Oliver Kahn als Vorstandsvorsitzender war ein großer Fehler", sagte Hoeneß: "Und als ich erkannt habe, dass er das nicht kann, habe ich mit Karl-Heinz Rummenigge gesprochen und das geändert."
Kahns Arbeitsmoral stieß dem gebürtigen Ulmer offenbar sauer auf. "Oliver Kahn hat kürzlich in einem Interview gesagt: 'Ein CEO muss nicht 24 Stunden am Tag arbeiten.' Da habe ich drauf geantwortet: 'Zwölf Stunden sollten es aber schon sein.'" Zündstoff-Aussagen in typischer Hoeneß-Manier. Aussagen, die natürlich nicht unbeantwortet blieben. "Ehrlich gesagt, bin ich verwundert darüber", meldete sich Kahn gegenüber der "Sport Bild" zu Wort.
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Uli Hoeneß zusammen mit Oliver Kahn bei einem Spiel des FC Bayern.

Fotocredit: Getty Images

Kahn weiter: "Der FC Bayern und ich hatten im Sommer vereinbart, dass wir dieses Kapitel freundschaftlich schließen wollen und ich auch in Zukunft gerne Teil der Bayern-Familie bleibe." Hoeneß' Worte würden aus Sicht des ehemaligen Welttorhüters nicht unbedingt zu einem "respektvollen Miteinander" beitragen. Dass Hoeneß weiterhin unumstrittenes Oberhaupt besagter Bayern-Familie ist, dürfte jedenfalls nicht zwingend förderlich für das Verhältnis sein.
Hoeneß' Auftritt im Brunnenwirt war nicht der einzige Aufreger, nur wenige Tage später trat der Strippenzieher abermals aus dem Schatten ins Rampenlicht. Diesmal bei "RTL". Im Gespräch mit dem Privatsender ging es weder um Politik noch um Oliver Kahns Qualitäten als Vorstandschef, vielmehr stand das Transfer-Gebaren des deutschen Rekordmeisters im Fokus.
Familienoberhaupt Hoeneß war nach dem Beben in der Führungsetage immerhin in puncto Verpflichtungen wieder federführend. Harry Kane kam unter großem Trara von Tottenham Hotspur für eine Rekordsumme, für die Defensive wurden Raphael Guerreiro (Dortmund), Konrad Laimer (Leipzig) und Min-Jae Kim (Neapel) an die Isar geholt. Ein Wunschspieler blieb Coach Thomas Tuchel aber verwehrt: ein klassischer Sechser.

Hoeneß-Kritik an Tuchel: "Unklug"

Zudem ließen die Bayern in Benjamin Pavard (Inter), Lucas Hernández (PSG) und Josip Stanisic (Leihe / Leverkusen) gleich drei Abwehrspieler und in Ryan Gravenberch (Liverpool) einen Sechser ziehen. Dass Tuchel regelmäßig öffentlich um einen neuen defensiven Mittelfeldspieler warb und mitunter die dünne Personaldecke anprangerte, passte Hoeneß augenscheinlich nicht in den Kram.
"Der eine oder andere von uns, inklusive des Trainers, haben ein paar unkluge Äußerungen gemacht", erklärte Hoeneß. Er ergänzte: "Weil ich mein eigenes Team nicht schlecht aussehen lasse, indem ich sage, wir sind zu dünn besetzt. Wenn Sie jedes Wochenende, was wir auf der Bank haben – nur Nationalspieler - dann haben wir keinen dünnen Kader." Nationalspieler hin oder her - die von Tuchel monierte Personallage schlug in dieser jungen Saison bereits ins Kontor.
Im Pokalspiel gegen Preußen Münster (4:0) fielen alle Innenverteidiger aus, sodass Leon Goretzka und Noussair Mazraoui aushilfsweise ins Abwehrzentrum rücken mussten. Nachdem sich die Lage wieder etwas entspannt hatte, gaben die Bayern unlängst den wochenlangen Ausfall von Dayot Upamecano bekannt. Neben den Engpässen in der Hintermannschaft trat auch die fehlende "Holding Six" besonders gegen spielstarke Mannschaften wie Leverkusen (2:2) und RB Leipzig (2:2) zutage.
Viel Geld für einen neuen Sechser wie beispielsweise Wunschkandidat Joao Palhinha, dessen Transfer an die Isar kurz vor Transferschluss scheiterte, werden die Münchner in naher Zukunft nicht in die Hand nehmen. "Wenn wir das Gefühl haben, dass wir Ergänzungen brauchen, werden wir das tun", sagte Hoeneß mit Blick aufs Winter-Transferfenster. Er schränkte ein: "Die große Transferoffensive wird es aber mit Sicherheit nicht geben (...) Das freut vor allem unser Konto. Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen."
Jubelndes Konto und ein gebeutelter Tuchel. Eine brisante Mischung, ebenso wie Hoeneß' Aussagen über die weniger kluge Nagelsmann-Entlassung und die unklugen Äußerungen des neuen Übungsleiters. Mit seiner Kritik an Tuchel schwächt Hoeneß dessen Stellung.

Bayern macht bei Boateng-Causa keine gute Figur

Dass der Boss vom Tegernsee sich dieser Tage so häufig zu allem und jedem äußert, lenkt die Aufmerksamkeit vom Verein auf ihn. Das kommt dem Klub entgegen, der zuletzt seinem zweifelhaften Ruf als FC Hollywood einmal mehr alle Ehre gemacht hatte. Der vertragslose Ex-Spieler Jerome Boateng wurde erst als mögliche Alternative für die Abwehr ausgemacht, zum Training eingeladen und beinahe mit einem Kurzzeit-Arbeitspapier ausgestattet.
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Jerome Boateng

Fotocredit: Imago

Erst als große Teile der Anhängerschaft aufgrund von Boatengs juristischer Vor- und drohender Nachgeschichte (mutmaßlicher Angriff 2018 auf seine damalige Lebensgefährtin) großflächige Proteste ankündigten, sagte der Verein dem Weltmeister von 2014 ab. "Die Vergangenheit, die auch mit den Prozessen, die er hinter sich hat, belastet ist, hat den Verein dazu gebracht, von der Verpflichtung abzusehen", sagte Hoeneß. Zudem sei ein Boateng-Engagement auch aus wirtschaftlicher Sicht "völlig gaga" gewesen.
Zwei Aspekte, die man auch vorher hätte bedenken können. So sahen sich die Protagonisten an der Säbener Straße einmal mehr mit enormer Kritik konfrontiert. Allen voran Neu-Sportdirektor Christoph Freund setzte sich mit einer Einschätzung zu Boateng (Privatsache) in die medialen Nesseln. Freund, der zuvor für Red Bull Salzburg gearbeitet hatte, schien die Tragweite seiner Aussagen als Angestellter eines Weltvereins unterschätzt zu haben.
Hoeneß sprang mit seinen neuerlichen Krawall-Interviews in die Bresche. Vielleicht auch ganz bewusst. Bayrisch, bissig, bunt. Wie eh und je.
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Rückreise mit Privatjet: Hummels verteidigt BVB-Maßnahme

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