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FC Bayern - Atlético: Saúl Niguez - vom Mobbing-Opfer zum Bayern-Albtraum

Dennis Melzer

Publiziert 03/05/2016 um 11:13 GMT+2 Uhr

Unser EuroScout blickt heute auf Saúl Niguez von Atlético Madrid, der im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen den FC Bayern München das Tor zum 1:0 schoss.

Saul Niguez

Fotocredit: Imago

"Hat der das gerade wirklich gemacht?" Diese Frage habe ich mir gestellt, als ich am vergangenen Mittwoch das Halbfinal-Hinspiel der Champions League zwischen Atlético Madrid und dem FC Bayern geschaut habe.
Hat dieser 21-jährige Jungspund sich gerade den Ball kurz hinter der Mittellinie geschnappt und mal eben – quasi im Vorbeigehen – die arrivierten Bayern-Stars Thiago, Juan Bernat, Xabi Alonso und David Alaba an der Nase herumgeführt, um im Anschluss mit dem linken Innenrist unhaltbar einzuschieben?
Da ich die Begegnung zusammen mit einigen Bayern-Fans verfolgte, hoffte ich, dass die Bewunderung, die ich für dieses fußballerische Kunstwerk lauthals kundtat, nicht durch verbale Hasstiraden sanktioniert werden würde.
Ich blickte mich um, in der Erwartung, wildes Geschimpfe in Empfang nehmen zu müssen. Stattdessen schaute ich in weit aufgerissene, erstaunte Augen – ohne zu blinzeln auf den Fernseher gerichtet. Und da war ich mir sicher: Ja, Saúl Ñíguez hat das gerade wirklich gemacht.
Spieler: Saúl Ñíguez
Geburtsdatum: 21. November 1994
Geburtsort: Elche
Nationalität: Spanien
Größe: 1,83
Fuß: links
Position: Zentrales Mittelfeld
Derzeitiger Klub: Atlético Madrid
Rückennummer: 17
Bisherige Klubs: Real Madrid, Rayo Vallecano
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Saul Niguez (v.) erzielte im Hinspiel das "goldene" Tor für Atletico gegen den FC Bayern

Fotocredit: AFP

Die Leidenschaft für den Fußball wurde Saúl, der in Elche an der Costa Blanca geboren wurde, in die Wiege gelegt. Sein Vater Jose Antonio spielte sieben Jahre für den CF Elche, seine beiden älteren Brüder Aarón und Jonathan hatten sich früh dem runden Leder verschrieben, sind heute ebenfalls Profi-Fußballer.

Bei Real gemobbt, bei Atlético geliebt

Beinahe wäre Atlético gar nicht in Genuss seines Talentes gekommen, wechselte Saúl nämlich im Alter von elf Jahren in die Nachwuchsabteilung des madrilenischen Erzrivalen Real.
Dass der U21-Nationalspieler lediglich für ein Jahr das Trikot der "Königlichen" trug und im Anschluss zu den "Colchoneros" wechselte, hat einen ganz bestimmten Grund: Auf seine Zeit bei Real angesprochen, verriet er der spanischen Zeitschrit "El Mundo": "Während dem Jahr bei Real habe ich viele Erfahrungen gemacht. Es war ein schwieriges Jahr, weil viele unsportliche Geschichten geschehen sind." Demnach sei Saúl von seinen Mitspielern gemobbt worden. "Sie klauten mir die Stiefel, meine Mahlzeiten. Sie beschuldigten mich für Dinge, die ich nicht begangen habe. Sie überreichten dem Manager einen Brief, behaupteten er sei von mir, was er nicht war", so der Youngster weiter.
Den Atlético-Fans kommt die Abneigung, die Saúl mittlerweile gegen den ungeliebten Nachbarn hegt, gelegen. Die Verantwortlichen der "Rojiblancos" empfingen ihn mit offenen Armen und schliffen ihren ambitionierten Rohdiamanten zum Hoffnungsträger.

Atlético-Debüt und anschließende Rayo-Leihe

Mit 17 Jahren und 108 Tagen feierte Saúl sein Debüt für die erste Mannschaft Atléticos. Beim 6:1-Erfolg in der Europa League über Besiktas Istanbul wurde der Mittelfeldmann sechs Minuten vor Schluss eingewechselt.
Im Sommer 2013 entschloss sich die Klubführung dazu, ihren Emporkömmling für ein Jahr in den Madrider Vorort Vallecas zu schicken, wo der Erstligist Rayo Vallecano beheimatet ist. Für Rayo absolvierte Saúl 34 von möglichen 38 Liga-Spielen und erzielte dabei zwei Treffer.
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Saúl Ñíguez (Atlético Madrid)

Fotocredit: Imago

Nach dem Vallecano-Gastspiel kehrte das Eigengewächs ein Jahr später zurück ins Estadio Vicente Calderón und setzte seine rasante Entwicklung fort, wobei ihm der endgültige Durchbruch in der spanischen Beletage in der aktuellen Saison gelang. Beim 4:0-Heimsieg im Madrid-Derby steuerte Saúl einen Treffer und eine Vorlage bei und hatte so entscheidenden Anteil am Kantersieg gegen Real. Eine Demütigung für den spanischen Rekordmeister – in doppelter Hinsicht.

Barcelona mit Vorkaufsrecht?

Der Shootingstar hat bereits vor seinem sehenswerten Tor gegen den FC Bayern Begehrlichkeiten geweckt. So berichtete "Don Balon" über ein angebliches Angebot von Manchester United, das sich auf 40 Millionen Euro belaufen soll.
Dem Vernehmen nach ist in Saúls aktuellem Vertrag, der noch bis 2020 gültig ist, eine Ausstiegsklausel von 60 Millionen Euro verankert. Ein Kuriosum will das spanische Blatt "Sport" herausgefunden haben. Laut der Zeitung hat der FC Barcelona ein Vorkaufsrecht auf den lauffreudigen Allrounder haben. Dieses sei im Zuge des Transfers von David Villa im Jahr 2013 ausgehandelt worden.
Das würde zumindest erklären, warum Villa, einst einer der begehrtesten Angreifer der Welt, für schlappe zwei Millionen Euro von den Katalanen zu Atlético wechselte. Ginge es nach Atleti-Trainer Diego Simeone, dann stellt sich die Frage nach irgendwelchen Vertragsmodalitäten erst gar nicht. Der temperamentvolle Argentinier erklärte zuletzt: "Wir werden um ihn kämpfen." Wenn man jemandem abkauft, dass er kämpfen will, dann wohl Simeone.

Pep ist gewarnt

Während sich die spanische Presse nach dem Auftritt gegen den deutschen Rekordmeister vor Lobeshymnen überschlug, blieb Saúl nüchtern. Der Siegtorschütze erklärte zwar, dass es das "schönste und „wichtigste Tor seiner Karriere" gewesen sei, stellte jedoch ebenso heraus, dass nur mit mannschaftlicher Geschlossenheit und bedingungslosem Kampf "gegen eine Mannschaft wie den FC Bayern" zu bestehen sei.
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Saul Niguez

Fotocredit: AFP

Ohnehin: Pep Guardiola wird die Qualität Saúls, die auf einer vorbildlichen Einstellung, hervorragenden Physis sowie technischer Eleganz basiert, bekannt gewesen sein. Kaum ein Trainer bereitet sich so akribisch auf kommende Gegner vor wie der Guardiola. Erst recht, wenn es sich um ein Champions-League-Halbfinale handelt.
Und so wird der Bald-ManCity-Trainer alles daran setzen, dass seine Spieler nicht noch einmal applaudierend Spalier stehen, während sich Saúl leichtfüßig durch die Münchner Defensivreihe dribbelt. Da sollte dann doch der Rat befolgt werden, den die "Süddeutsche Zeitung" im Anschluss an das Hinspiel gab: "Better foul Saúl."
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