Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

EM 2024 - Deutsche Nationalmannschaft siegt in Stuttgart souverän gegen Ungarn: Die Wiedergeburt der Turniermannschaft

Patrick Strasser

Update 20/06/2024 um 12:43 GMT+2 Uhr

Die deutsche Nationalmannschaft hat bei der EM im eigenen Land am Mittwochabend auch ihr zweites Gruppenspiel souverän gewonnen - und damit vorzeitig das Ticket fürs Achtelfinale gelöst. Das 2:0 des DFB-Teams gegen den "Angstgegner" aus Ungarn hat gezeigt: Bundestrainer Julian Nagelsmann ist es auf beeindruckende Art und Weise gelungen, einen alten, totgeglaubten Mythos wiederzubeleben.

Foul oder nicht? Gündogan: "Da hätte man sich kaputtgelacht"

So eine Busfahrt zurück ins Team-Quartier nach Herzogenaurach macht auch nur dann Spaß, wenn man gewonnen hat. Rund zweieinhalb Stunden brauchte der Mannschaftsbus über die A6 Richtung vom Stuttgarter Stadion aus bis zum Zielort in Franken.
Als sie aus der Kabine kamen, um in den von der UEFA gestellten Bus zu steigen, hatten die meisten Spieler der deutschen Nationalmannschaft eine kleine Box mit Essen dabei – die Kohlenhydrate-Speicher mussten dringend aufgefüllt werden nach diesem schwül-heißen Abend im Ländle.
Das DFB-Team löste die knifflige, weil meist verflixt schwierige Aufgabe namens Gruppenspiel Nummer zwei bei einem Turnier mit Bravour, gewann in Stuttgart mit 2:0 dank der Treffer von Jamal Musiala und Ilkay Gündogan und ist: weiter!
Bereits nach zwei Partien sicher im Achtelfinale. Sie scheinen die perfekte Turnier-Welle erwischt zu haben, die Fans skandierten bereits "Berlin! Berlin! Wir fahren nach Berlin!"

ungarn im VIERTEN Anlauf besiegt

Erstmals nach drei Spielen – und überhaupt erstmals in einem Pflichtspiel seit dem "Wunder von Bern" beim WM-Triumph 1954 - konnte Deutschland wieder gegen Ungarn gewinnen. Einen Angstgegner besiegt, das ominöse zweite Spiel anders als so oft (1:2 gegen Kroatien 2008, 0:1 gegen Serbien 2010 oder 2:2 gegen Ghana 2014) schadlos überstanden und damit erstmals seit der EM 2012 die ersten beiden Gruppenspiele gewonnen.
Zur Belohnung gab es nach dem Duschen und den Interviews nicht nur etwas zu essen, sondern am Sonntag in Frankfurt ein drittes Match, in dem es lediglich um den Gruppensieg oder Platz zwei geht - gegen die Schweizer, die sich am Abend 1:1 von Schottland getrennt hatten.
Bundestrainer Julian Nagelsmann war glücklich, die Hürde Ungarn so genommen zu haben. "Ich finde, so ein Spiel musst du erstmal gewinnen. Das ist schon ein guter Reifeprozess. Ich glaube, im November hätten wir das nicht gewonnen."
picture

Emotionen pur! Julian Nagelsmann bejubelt Ilkay Gündogans Tor

Fotocredit: Getty Images

Damals setzte es in Spiel drei und vier seiner Amtszeit zwei krachende Niederlagen, mit 2:3 in Berlin gegen die Türkei und mit 0:2 in Österreich. Faktisch erst etwas mehr als ein halbes Jahr her, gefühlt Lichtjahre. Es habe früher viele Situationen gegeben, "wo wir weggebrochen sind, wenn etwas nicht funktioniert hat", so Nagelsmann, der froh war, dass sein Team kritische Momente überstand und stabil blieb. Denn: "Am Ende ist die Erwartungshaltung im Stadion wie auch in der Kabine drei Punkte – und die haben wir geholt."

Nagelsmann gefällt "LUST ZU LEIDEN"

Der 36-Jährige hob "die Lust zu leiden" hervor und lobte den "guten Geist" seiner Mannschaft. Dabei ist er es, der die neue Energie in die Nationalelf gebracht hat und an der Seitenlinie vorlebt. Vorbei die Zeiten als Joachim Löw oder Nachfolger Hansi Flick nur selten große Emotionen am Spielfeldrand zeigten und Tore in vornehmer Zurückhaltung feierten.
Nagelsmann startet bei Toren Jubelläufe voller Adrenalin. Zudem hat der Bundestrainer dank einer klaren Analyse den für ihn passenden Kader zusammengestellt, ohne Rücksicht auf Namen (Leon Goretzka) und Verdienste (Weltmeister Mats Hummels). Er bastelte um den erfolgreich von einer Rückkehr überzeugten Spielmacher Toni Kroos eine Stammelf, die nun zum zweiten Mal von Beginn an auflaufen durfte.
Die Rollenverteilung im Team ist klar, da der Bundestrainer diese mit jedem Kaderspieler unter vier Augen besprochen hat. Dadurch ist eine klare Hierarchie entstanden. Torhüter Manuel Neuer hielt erstmals seit 13 Turnierspielen wieder die Null, zeigte spektakuläre Glanzparaden. Vor dem EM-Start war er wie Kapitän Ilkay Gündogan in den Augen von Experten, der Medien und vieler Fans umstritten.

Neuer und Gündogan die großen Gewinner

Neuer bewies, dass er als Nummer eins weiter unverzichtbar ist. während Nagelsmann über Gündogan sagte: "Er hat es extrem clever gemacht. Wir müssen ihm alle mehr vertrauen in diesem Land. Er hat extreme Erfolge gefeiert, ist einer der besten Spieler bei Manchester City gewesen und hat auch in Barcelona eine gute Saison gespielt"
Mit nun sieben Toren spielt Deutschland seine torreichste EM-Gruppenphase überhaupt, auch bei der WM 2014 in Brasilien waren es so viele (nach drei Partien) - das glorreiche Ende ist bekannt. Der Respekt der Gegner ist rasch gewachsen, Deutschland zählt nun nicht mehr nur zum Favoritenkreis, weil es der Gastgeber samt Heimvorteil ist.
picture

Manuel Neuer bei der EM 2024

Fotocredit: Getty Images

Erleben die Fans hierzulande gerade das Comeback der Turniermannschaft? Einst war die deutsche Nationalelf vor allem deshalb so gefürchtet, weil man sich in ein Turnier hineinarbeiten und Spiel für Spiel steigern konnte – ohne wirklich zu glänzen. Dieser Mythos schien mit den vorangegangenen drei Turnieren begraben, mit dem Vorrunden-Aus bei den Weltmeisterschaften 2018 in Russland und 2022 in Katar sowie dem Ende im Achtelfinale der EM 2021.
Die Euphorie steigt und steigt. "Wir haben ein größeres Ziel als nur das Achtelfinale“, sagte Kroos, während Nagelsmann meinte: „Die Fans dürfen alle träumen, unser Job ist es, sie weiter träumen zu lassen."

Dänemark als möglicher Gegner

Am Sonntag in Frankfurt gegen die Schweiz steht der Gruppensieg auf dem Spiel - und damit der vermeintlich leichtere Gegner, der Zweite der Gruppe C (Dänemark, Slowenien oder Serbien – vorausgesetzt England wird Erster).
Im Vergleich zur Gruppe B, gegen dessen Zweiten (Italien oder Spanien) man als Gruppen-Zweiter antreten müsste. "Wir wollen Erster werden, das ist wichtig", sagte Nagelsmann und erklärte: "Es könnte sein, dass der Gegner dann nicht der Riesenbrocken ist."
Nebeneffekt: "Wenn du die Gruppe als Erster beendest, gibt das auch eine Wirkung nach Innen und nach Außen." Doch es lauert: Die Gelbe Gefahr. Nagelsmann und sein Trainerteam müssen eine Art Risikoabwägung treffen: Volles Risiko mit Blick auf Rang eins oder doch einige der vorbelasteten Kandidaten (Jonathan Tah, Antonio Rüdiger, Maximilian Mittelstädt und Robert Andrich) schonen, die bei einer weiteren Verwarnung im Achtelfinale gesperrt wären?
Zur Erklärung: Bei der EM müssen Spieler nach der zweiten und der vierten Gelben Karte aussetzen, einzelne Verwarnungen werden aber nach dem Viertelfinale gestrichen.

Die Gelbe Gefahr fürs Achtelfinale

Die wahrscheinlichsten Stellvertreter, die am Sonntag ins Team rutschen könnten, heißen: Nico Schlotterbeck, Waldemar Anton (für Tah und/oder Rüdiger), David Raum (für Mittelstädt) und Pascal Groß für Andrich.
Nagelsmanns Gedankenspiele mit Blick auf die Partie gegen die Schweiz lauten so: "Es ist schon wichtig, dass wir möglichst viele Spieler aus der ersten Elf wieder auf dem Platz haben, weil wir die Rollen ja bewusst verteilt haben. Es kann natürlich sein, dass wir ein, zwei Spieler durchwechseln."
Am gefährdetsten sind die gefährdeten Spieler.
picture

Musiala selbstbewusst: "Habe so viel Qualität auf dem Spielfeld"


Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung