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EM 2024: Gündogan löst im DFB-Team Debatte um Unantastbarkeit des Kapitäns aus - Sané als Zünglein an der Waage

Thomas Gaber

Update 10/06/2024 um 18:38 GMT+2 Uhr

Ilkay Gündogan soll Deutschland zum ersten EM-Titel seit 1996 führen. Doch kurz vor dem Start der Heim-Festspiele am Freitag gegen Schottland ist eine Debatte um die Unantastbarkeit des Kapitäns entbrannt. Im von Bundestrainer Julian Nagelsmann bewusst überfrachteten Mittelfeld stehen sich die Spieler gegenseitig auf den Füßen und ausgerechnet der Chef mit der Binde wird zum Bremsklotz.

"Job erfüllt": Nagelsmann ordnet Testspielsieg nüchtern ein

Grob geschätzte 3,50 Meter war Ilkay Gündogan davon entfernt, die Diskussion im Keim zu ersticken.
Nach einer butterweichen Flanke von Pascal Groß stieg der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft im Fünfmeterraum zum Kopfball hoch, erwischte den Ball aber infolge eines völlig falschen Timings nur mit dem Haaransatz und "köpfte" ihn sich an seinen Oberschenkel.
Es lief die 15. Minute im Testspiel der DFB-Elf gegen die Ukraine (0:0), in der Gündogan eine engagierte Anfangsphase mit dem Führungstreffer hätte krönen können. Doch die vergebene Großchance steht exemplarisch für die wiederholt schwachen Auftritte des 33-Jährigen im Trikot mit dem Adler auf der Brust.
Gegen die Ukraine hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann bereits nach einer Halbzeit genug gesehen und nahm seinen Kapitän in der Pause raus. In den letzten vier Testspielen vor der Heim-EM hat Gündogan nie durchgespielt, was seine Wertigkeit als Kapitän per se infrage stellt.

Gündogan, Musiala, Wirtz - drei Zehner rauben sich den Platz

Nagelsmann hat sich auf die Doppelsechs mit Toni Kroos als Taktgeber und Robert Andrich als Abräumer daneben festgelegt. Zudem will der Bundestrainer nicht auf seine kreativen Freigeister Jamal Musiala und Florian Wirtz verzichten.
Weil die beiden jungen Wilden aber keine Flügelspieler sind und sich eher Richtung Spielfeldmitte orientieren, wird es im Zentrum schnell eng.
"Wir spielen jetzt mit drei Zehnern vorn. Jeder hat einen ähnlichen Drang zum Tor, nimmt ähnliche Laufwege, will mit dem Ball dribbeln", sagte Gündogan in einem Interview mit dem "Spiegel".
Seine Aufgabe sieht er dabei gänzlich uneigennützig. "Ich muss darauf achten: Was machen eigentlich Flo und Jamal? Wie kann ich meine Laufwege so anpassen, dass wir die richtige Balance finden? Ich muss mein Spiel an ihres anpassen und sie nicht ihres an meins. Wenn Flo etwa nach links läuft, dann darf ich dort nicht auch hin sprinten, sondern muss einen anderen Weg suchen, um Räume zu schaffen. Wenn Jamal ins Dribbling geht, muss ich ihm den Weg freimachen."
Gündogan will den "Zauberern neben mir" den Rücken freihalten. "Flo und Jamal sollen sich darüber keine Gedanken machen, sie sollen sich ganz ihrer Kunst hingeben. Ich passe mich für sie an, damit wir erfolgreich sein können", sagte er.

Gündogan körperlich nicht in bester Verfassung

Doch Gündogan fühlt sich in seiner Rolle augenscheinlich nicht besonders wohl. Die Achterposition, auf der er bei Manchester City jahrelang brillierte, gibt es bei Nagelsmann nicht.
In den Testspielen gegen die Ukraine und Griechenland (2:1) standen sich Gündogan, Wirtz und Musiala eher gegenseitig auf den Füßen, zudem fehlte die Bindung zu den Sechsern Kroos und Andrich.
Lothar Matthäus sieht in Gündogan den ersten Streichkandidaten in der Startelf. "Für mich ist er nicht gesetzt, weil er bei Barcelona nur eine durchschnittliche Saison gespielt hat und die Qualität im DFB-Kader sehr hoch ist. Gündogan ist auch als Kapitän nicht unantastbar", sagte der Rekordnationalspieler bei "RTL".
Nagelsmann machte nach den eher mauen Testspielen klar, dass im Hinblick auf den Turnierstart gegen Schottland (Freitag, 21:00 Uhr im Liveticker) kein Spieler einen Freibrief hat. "Da ist nichts in Stein gemeißelt", sagte der Bundestrainer. 13 Feldspieler stünden für die zehn Plätze zur Verfügung und mitentscheidend sei die körperliche Verfassung.
In dieser Hinsicht hinkt Gündogan etwas hinterher. Der Kapitän gibt zu, bei Barcelona "die vielleicht härteste Saison meiner Karriere" absolviert zu haben. "Ich habe viele, viele Spiele bestritten, extrem viele Minuten in den Knochen - und ehrlich gesagt, habe ich das auch gespürt", sagte er.
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Nagelsmann "nicht geschockt" wegen Neuer-Patzer

Leroy Sané als Zünglein an der Waage

Ob der Kapitän tatsächlich geopfert wird, hängt nicht zuletzt vom Fitnesszustand von Leroy Sané ab. Nagelsmann setzt große Stücke auf den Bayern-Star, der sich in der Rückrunde mit hartnäckigen Adduktorenproblemen herumplagen musste. Doch laut Nagelsmann ist Sané wieder bei "annähernd 100 Prozent".
Die Diskussion um seinen Wert für die Mannschaft hat Gündogan vernommen, sie interessiert ihn aber nicht. "Was Experten sagen, ist mir egal. Diejenigen, die erkennen, was ich auf dem Feld mache, wissen auch, dass diese Fähigkeit manchmal wichtiger ist, als den entscheidenden Pass zu spielen", sagte er.
Das letzte Wort hat der Bundestrainer. Nagelsmann hat den Beschluss seines Vorgängers Hansi Flick, Gündogan zum Kapitän zu machen, nach Amtsantritt nicht revidiert. Möglicherweise steht für Nagelsmann eine unpopuläre Entscheidung noch vor Beginn der Heim-EM an: den Spielführer auf die Bank zu setzen.
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Nagelsmann: "Keiner hat EM-Aus verdient"


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