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PSG-Torhüter Gianluigi Donnarumma: Vom EM-Helden zur geschmähten Teilzeitkraft

Dennis Melzer

Update 12/10/2021 um 15:41 GMT+2 Uhr

Gianluigi Donnarumma zählte im Sommer zu den großen Helden der Europameistermannschaft Italiens. Nach dem Triumph zog es den Torhüter, der im Finale gegen England zwei Elfmeter pariert hatte, zu PSG. Seither ist es ruhig um den (laut UEFA) besten Spieler der EM geworden - zumindest in Paris, in seiner Heimat sah Donnarumma sich nämlich jüngst mit Schmähungen und Pfiffen konfrontiert.

Gianluigi Donnarumma bei der EM 2021 im Finale gegen England

Fotocredit: Getty Images

Gianluigi Donnarumma richtete den Blick starr geradeaus, nahm seine Teamkollegen erst wahr, als sie ihn unter sich begruben. Sein gelbes Trikot war nur noch mit Mühe unter einer blauen Jubeltraube auszumachen. Es waren Sekunden für die Ewigkeit, nachdem er im Finale der Europameisterschaft im ehrwürdigen Wembley-Stadion den entscheidenden Elfmeter von Englands Bukayo Saka abgewehrt hatte. Europameister.
Im Anschluss wurde Donnarumma von der UEFA für seine Leistungen während des paneuropäischen Turniers zum besten Spieler überhaupt gekürt. Eine Auszeichnung, die noch kein Torhüter vor ihm gewann.
"Ich habe nicht sofort gejubelt, weil ich es nicht realisiert habe", klärte der 22-Jährige im Gespräch mit der "Gazzetta dello Sport" über seine Zurückhaltung im größten Moment seiner noch jungen Karriere auf: "Ich war nach Jorginhos Elfmeter schon am Boden, weil ich dachte, wir hätten verloren." Streiche, die das Gehirn in einer derartigen Extremsituation offenbar zu spielen imstande ist.
"Er ist der beste Torhüter der Welt", schwärmte Italien-Trainer Roberto Mancini im Nachgang von seinem Helden, die italienische Presse überschlug sich vor Lobeshymnen für den "unüberwindbaren Elfmeter-Magier". Donnarumma schickte via Instagram Kabinengrüße in die Welt: "Stolz, allen Italienern ein Lächeln geschenkt und gemeinsam mit unseren außergewöhnlichen Fans viele 'Notti magiche' erlebt zu haben."

Milan-Ultras sauer: "Donnarumma, Dreckskerl"

Drei Monate später ist besagte Magie bereits wieder verflogen, Donnarumma muss dieser Tage feststellen, wie abrupt ein Heldenstatus im schnelllebigen Fußballgeschäft enden kann. Einige Tifosi bereiteten dem Schlussmann zuletzt einen durchaus unangenehmen Empfang, als er mit der Squadra Azzurra in Mailand aufschlug, um das Halbfinale der Nations League zu bestreiten.
"Donnarumma, Dreckskerl! Du bist in Mailand nicht länger willkommen", war beispielsweise auf einem Banner zu lesen, das an einer Brücke befestigt wurde. Verantwortlich für die Schmähungen zeichnete die "Curva Sud Milano", eine Ultragruppierung der AC Mailand. Später, während des Spiels, das Italien 1:2 verlor, wurde Donnarumma bei jedem Ballkontakt ausgebuht.
Der Grund: Donnarumma wurde bei Milan ausgebildet, insgesamt trug er acht Jahre lang das Trikot der Rossoneri. Nach der EM wechselte er ablösefrei zum neureichen Spitzenklub Paris Saint-Germain. Bereits im Vorfeld hatte das Verhältnis zwischen dem Eigengewächs und den Anhängern des Traditionsklubs gelitten.

Aus Donnarumma wird "Dollarumma"

Monatelang hatten sich Vertragsgespräche hingezogen, die letztlich zu keiner Einigung führten. 2017, als es ebenfalls um eine mögliche Verlängerung ging, schlug Donnarumma die Offerten seines Arbeitgebers zunächst aus, was bei den Fans für reichlich Unmut sorgte.
Weil sie sowohl hinter Donnarummas als auch hinter den Absichten seines Beraters Mino Raiola pure Geldgier witterten, tauften sie den Keeper kurzerhand in "Dollarumma" um. Schließlich, nach mehreren Verhandlungen, unterschrieb er doch ein neues Arbeitspapier.
Dass es diesmal anders war, Donnarumma das Weite suchte, ohne seinem Ausbilderverein zumindest noch eine stattliche Ablösesumme einzubringen, scheint im Milan-Lager tiefe, unversöhnliche Risse hinterlassen zu haben. Ganz zum Unmut von Nationaltrainer Mancini, der die Buhrufe und Pfiffe des Publikums kritisierte: "Italien hat gespielt, das war kein Vereinsspiel. Man hätte die Pfiffe für ein mögliches Spiel Milan gegen PSG sparen können. Italien ist Italien, die Nationalelf steht über allem."

Donnarumma bei PSG nur Teilzeit-Kraft

Selbst wenn es zu einer Begegnung zwischen Mailand und Donnarummas neuem Klub kommen sollte – ob die aufgebrachten Fans die Möglichkeit hätten, ihren einstigen Liebling abzustrafen, wäre nicht gesichert. Donnarumma hat seit seinem Wechsel in die französische Hauptstadt einen durchaus schweren Stand. Eigentlich mit dem Anspruch nach Paris gekommen, als frischgebackener Europameister prompt die Nummer eins zu werden, muss sich Donnarumma mittlerweile mit der Rolle des Teilzeit-Mitarbeiters anfreunden.
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Gianluigi Donnarumma (l.) hütet bei PSG zumeist die Bank

Fotocredit: Getty Images

PSG-Coach Mauricio Pochettino will sich nämlich bis dato nicht auf eine Stammpersonalie zwischen den Pfosten festlegen. Nur in vier von möglichen zwölf Pflichtspielen hütete Donnarumma das Tor, in den restlichen acht Partien spielte der zwölf Jahre ältere Routinier Keylor Navas.
"Beide Torhüter zeigen außergewöhnliche Leistungen, selbst im Training", sagte Pochettino unlängst und ergänzte: "Es ist eine schwierige Entscheidung, aber es ist schön zu sehen, dass beide, Navas und Donnarumma, aufmerksam sind."
Es herrsche laut Pochettino eine "gute Atmosphäre" zwischen den beiden Kontrahenten. Berichte des renommierten "Corriere della Sera" zeichnen jedoch ein anderes Bild: Demnach sei Donnarumma alles andere als zufrieden mit seiner aktuellen Situation, Raiola soll bereits diverse Szenarien durchspielen, sollte sich bei PSG diesbezüglich nichts ändern. Juventus Turin wird als möglicher Abnehmer für den kommenden Sommer ins Spiel gebracht - was die Milan-Fans noch mehr begeistern dürfte.

PSG-Boss: Donnarumma war kein Wunschspieler

Befeuert werden dürften derlei Gerüchte nun von Aussagen des Pariser Sportdirektors Leonardo. Dieser hatte kürzlich in einem Interview mit der "Gazzetta dello Sport" verraten, dass Donnarumma bei PSG nicht unbedingt in die Rubrik "Wunschsspieler" gefallen war.
"Wir hatten bis Juni keinen Kontakt zu Donnarumma. Niemals!" sagte der Brasilianer und führte vielsagend aus: "Wir hatten keinen Plan, ihn zu verpflichten. Als er im Juni immer noch keinen neuen Klub hatte, haben wir uns im Klub zusammengesetzt und entschieden, dass wir ihn holen. Das war eigentlich nicht geplant (...) Wir hatten nie daran gearbeitet, ihn als ablösefreien Spieler zu holen." Worte wie sanfte Schläge in die Magengrube eines jungen, ambitionierten Spielers. Große Wertschätzung klingt jedenfalls anders.
Bezüglich der Verunglimpfung seiner Person in der ehemaligen Heimat hielt Donnarumma sich bedeckt,
. Er und seine Teamkollegen hätten gegen Spanien ihr "Bestes" gegeben, aber das Ganze sei nicht nach ihren Vorstellungen gelaufen. Nun wolle er "erhobenen Hauptes die nächsten Ziele ansteuern".
Eines davon dürfte sein, regelmäßig Spielzeit in Paris zu erhalten.
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